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NGC 6543 - ein interessanter Planetarischer Nebel

Jens Bohle

Der cat´s eye nebula oder Katzenaugennebel, ist sicherlich vielen Amateurastronomen bekannt. Dieser leicht zu beobachtende PN birgt viele interessante Besonderheiten - nicht nur aus amateurastronomischer Sicht. Im folgenden Text möchte ich eine Zusammenfassung über wissenswertes zu diesem Planetarischen Nebel geben und auf die visuelle Beobachtung des PN eingehen.

 

Historie

Mit 8,1 mag (v) ist dieser Planetarische Nebel ein recht prominentes Objekt im Sternbild Drachen. Die Entdeckung geht auf William Herschel im Jahre 1786 zurück und ist somit eines der hellen Objekte welches Messier übersah. NGC 6543 zählt zu den auffälligsten Planetarischen Nebeln der Nordhemisphäre überhaupt, zumal er bereits mit einem Feldstecher oder Sucherfernrohr als stellares Objekt erkannt werden kann. Die amateurastronomische Beobachtung ist bei diesem Objekt von besonderer historischer Bedeutung. Dem Amateurastronomen Sir William Huggins (1824-1910), der auch als Pionier der Spektroskopie angesehen wird, gelang es am 29.8.1864, die typischen Emissionslinien spektroskopisch zu verifizieren und somit ein nebulöses Objekt erstmals als Emissionsquelle nachzuweisen. NGC 6543 war der erste PN der spektroskopiert wurde.

Die Natur von NGC 6543

Da das Durchschnittsalter eines PN mit etwa 10 000 Jahren (andere Quellen nennen ein Alter von 30 000 Jahren) angenommen wird, ist NGC 6543 mit einem Alter von 1000 Jahren ein recht junger Nebel. Seine Entfernung beträgt etwa 3000 Lichtjahre wobei er sich mit 66 km/ s von unserem Sonnensystem entfernt. Seine Hülle expandiert mit 19 km/ s. Bekannt ist NGC 6543 auch als Katzenaugennebel (cat´s eye nebula). Die Namengebung basiert auf der bei Farbfotografien recht auffälligen grünlichen Farbe seiner Gasschalen welche an ein Katzenauge erinnern. Am 18.9.94 lichtete die Wide Field Planetary Camera 2 (WFPC 2) des Hubble Space Telescopes (HST) den PN ab. Sehr zur Überraschung der Astronomen offenbarte sich der Nebel als ein sehr kompliziert strukturiertes Objekt. Bis dato hatte man solche Strukturen bei einem PN noch nicht gesehen. Planetarische Nebel entfernen sich normalerweise konzentrisch vom Zentralstern und nehmen erst im späteren Verlauf durch Wechselwirkung mit interstellarer Materie unregelmäßige Formen an [1]. Die Ursache für dieses ungewöhnliche Aussehen eines recht jungen PN ist nach Ansicht der Astronomen die Existenz eines zweiten Sterns, ein Begleiter des Zentralsterns. Die Wechselwirkung dieses sich umkreisenden Doppelsternsystems könnte für die ungewöhnliche Struktur verantwortlich sein. Vermutlich saugt der Begleiter vom Zentralstern Materie ab, welche er dann parallel zur Rotationsachse wieder ausstößt. Diese Materie tritt in Wechselwirkung mit den äußeren Gasmassen des PN und erzeugt die leuchtenden Jets an den Längsachsen welche besonders in der N [II] - Linie auffällig sind. Die Jets sind nicht geradlinig, was wiederum auf eine schlingernde Bewegung des hypothetischen Begleiters hinweist. Einen direkten (optischen) Hinweis auf diesen Begleitstern gibt es bislang nicht, da selbst das HST nicht in der Lage war ihn sichtbar zu machen.

Der Nebel in der N[II] - Linie

 

Der Nebel in Halpha und O[III]

Eine weitere Besonderheit an NGC 6543 sind dessen Röntgenemissionen, die durch den ROSAT all sky survey (1990-1991) aufgespürt wurden. In diesem survey wurde der Katzenaugennebel sehr intensiv beobachtet. Alle 90 Minuten über einen Zeitraum von einem halben Jahr wurde eine Aufnahme gemacht was insgesamt knapp 114 Stunden Belichtungszeit ergab. Man fand eine ringförmige Verteilung der Röntgenemissionsquellen. Ausser bei NGC 6543 wurde Röntgenstrahlung auch bei den Planetarischen Nebeln Abell 12 und LoTr 5 erstmalig entdeckt. Man nimmt an, daß diese Röntgenstrahlung durch die Energie bei der Kollision von recht heißem, stark beschleunigten stellaren Wind (1000- 5000km/s) des Zentralsterns mit der viel kühleren und langsam expandierenden Hülle (10- 40km/s) des Planetarischen Nebels entsteht. An dieser Schockfront treten Temperaturen von bis zu 10 000 000° K auf, welche dann die Röntgenstrahlung ermöglichen bzw. hervorrufen. Im Fall von NGC 6543 beträgt die Temperatur des Plasmas 1 600 000° K. [2] 

Visuelle Beobachtungen des PN

Der Katzenaugennebel ist auch für kleinere Fernrohröffnungen schon lohnenswert. Die hohe Flächenhelligkeit macht eine Beobachtung recht einfach. In kleineren Teleskopen (10cm) ab etwa 100facher Vergrößerung ist ein runder bis elliptischer, recht heller Nebelfleck mit Zentralstern zu sehen. Verwendet man ein größeres Teleskop unter guten Himmelsbedingungen kann man bereits hell / dunkel - Variationen im Nebel erkennen. Auch wird dann die elliptische Gestalt des Objekts deutlich. Die nördlichen und südlichen Gebiete des Nebels sind schwächer als der runde Hauptkörper des PN. Ob die vom Hubble bekannte Brezelform sicher erkannt werden kann, wäre noch zu prüfen.

Für den Amateur sehr gut sichtbar ist der sehr helle Zentralstern. Mit 10,9 mag v zählt er zu den wenigen Zentralsternen Planetarischer Nebel am Nordhimmel welche heller als 11te Größenklasse sind. Nur eine Hand voll Zentralsterne am Nordhimmel sind heller als der Stern in NGC 6543. Bereits mit 6 Zoll Öffnung kann er erkannt werden. Es ist ein sehr heißer Stern. Er gehört, wie viele Zentralsterne, der Gruppe der Wolf- Rayet Sterne an. Dies sind sehr leuchtkräftige Sterne, welche ein vielfaches der Sonnenleuchtkraft erreichen können. Im Falle des Zentralsterns von NGC 6543 liegt die Oberflächentemperatur bei 60 000 K [3], also rund 10 000 mal höher als bei unserem Heimatgestirn der Sonne. Der Zentralstern weist leichte Variabilität in der Helligkeit sowie Schwankungen in den Spektren auf. Diese Schwankungen gehen vermutlich auf starke Sternenwinde zurück. Man führt diese Sterne auch unter dem Begriff "wind variables".

 

NGC 6543 und der die auffällige Kondensation IC 4677. 432fache Vergrößerung und 9 Bogenminuten Felddurchmesser

Der Halo um NGC 6543

Eine weitere Besonderheit stellt der NGC 6543 umgebende Halo dar. In der Amateurszene zwar weniger bekannt, aber für die Profis von großem Interesse sind Halostrukturen um Planetarische Nebel. Auf langbelichteten Fotografien, bei denen der eigentliche PN schon völlig überbelichtet erscheint, werden solche feinen Filamente und Strukturen sichtbar. Diese Halostrukturen gehen auf Massenverluste zurück, denen ein Roter Riesenstern erliegt und diese Materie in Form eines Sternenwindes stoßweise auswirft. Dieser Vorgang erstreckt sich etwa über einen Zeitraum von 1 000 000 Jahren [4]. Dadurch entsteht eine expandierende Hüllenstruktur um den sterbenden Stern bevor der eigentliche Planetarische Nebel bzw. der weiße Zwergstern entsteht. ‚Sehen' kann man diesen äußeren Shell aber erst später und zwar dann, wenn der PN-Körper durch die Expansion im Laufe der Zeit "optisch dünner" wird und somit die energiereiche Lyman- Strahlung (also im ultravioletten Bereich) des Zentralstern den inneren PN-Shell durchdringen kann. Die Strahlung regt den äußeren Shell zum Leuchten an. Als erster entdeckte J. D. Duncan im Jahre 1937 derartige Strukturen bei M 57, dem berühmten Ringnebel in der Leier. In dem Buch Planetary Nebula [6] wird erwähnt, daß man davon ausgeht, daß jeder zweite PN solche Strukturen zeigt. Die immer höheren Empfindlichkeiten der modernen CCD Chips an den Großteleskopen lassen aber bei immer mehr Planetarischen Nebeln solche Strukturen erkennen, so daß man fast gewillt ist, derartige Halos als normalen Bestandteil der meisten PN zu betrachten. Rechnet man den Halo mit, dann erhöht sich der Durchmesser eines PN gewaltig. Bei M 57 ist der gesamte PN um den Faktor drei größer als der eigentliche auffällige Nebelkörper. Bei NGC 6543 misst der eigentliche PN Körper etwa 20" im Durchmesser. Die Hülle bringt es schon auf stattliche 386" Durchmesser - also fast um den Faktor 20 höher. Natürlich geht damit eine Verringerung der Flächenhelligkeit einher. Die Flächenhelligkeit des Halos ist etwa um den Faktor 10 000 geringer als die der hellsten Gebiete im eigentlichen PN [7]. Auch zum Thema PN - Halo hat NGC 6543 eine Besonderheit aufzuweisen: Auf Fotografien erscheint eine recht auffällige Kondensation an der Westseite des PN. Sie stellt sich als etwa 15 mag heller diffuser Fleck dar. Kurios ist, daß diese Verdichtung innerhalb des Halos lange Zeit für eine Galaxie oder zumindest eigenständiges Objekt gehalten wurde. Im Index Catalog (IC) ist es IC 4677, im Morphological Catalog of Galaxies (MCG) die Nummer MCG +11-22-017 und im Principal Galaxies Catalogue (PGC) trägt das Objekt die Bezeichnung PGC 61193. Noch im RC 3, dem aktuellsten Galaxienkatalog, ist dieser Fehler lange unentdeckt geblieben aber mittlerweile korrigiert worden.

Visuelle Beobachtungen des PN Halo

Durch das Buch Planetary Nebula [6] wurde ich auf Halostrukturen Planetarischer Nebel und deren visueller Beobachtungsmöglichkeit aufmerksam. Sicher gehören diese Strukturen nicht zu den visuell einfach zu erfassenden Zielen, doch meine im Laufe der Zeit herangereifte persönliche Vorliebe für ausgefallene visuelle Beobachtungen macht diese PN Halos für mich interessant. Generell ist es wie gesagt sehr anspruchsvoll solche Halostrukturen visuell zu beobachten. Die bisher von mir gesichteten Halostrukturen von M 57 und M 27 konnten nur in Verbindung mit einem großen Teleskop (20 Zoll) und Wahl geeigneter Austrittspupillen unter exzellenten Beobachtungsbedingungen (besser 6,5mag Pol bei hoher Transparenz des Himmels) visuell erfaßt werden. Im Fall von NGC 6543 ist die Sichtung zumindest eines Teils des Halos weniger anspruchsvoll - es handelt sich um den bereits erwähnten Knoten an der Westseite des PN. Diese Kondensation kann bereits in Amateurfernrohren ab ~12 Zoll Öffnung beobachtet werden. Generell sollte man auf Nebelfilter bei der visuellen Beobachtung dieser Strukturen verzichten, da sie nicht wie der eigentliche PN sehr stark in der O[III] - Linie emittieren, sondern in den Linien H alpha und N [II] dominieren. Sie zeigen bei diesen benachbarten Linien auch ein unterschiedliches Aussehen [5]. Bei NGC 6543 konnte ich bei meinen visuellen Beobachtungen keinen Unterschied mit / ohne Filter (O[III] und UHC) feststellen. Meine Beobachtung dieses Objekts fand unter sehr bescheidenem Himmel mit nur 5,5mag Grenzgröße am Pol unter leicht dunstigem Himmel im August 2000 im Voralpenland statt. Bei 321facher Vergrößerung konnte ich das Objekt mehr als 50% der Zeit indirekt sehen. Bei einer Vergrößerung von 432fach wurde innerhalb des Objekts noch eine stellare Aufhellung an der Grenze der Wahrnehmung sichtbar (- 50 % der Zeit). Andere Teile des Halos konnten erwartungsgemäß nicht beobachtet werden, hier steht ein Versuch unter nahezu optimalen Himmelsbedingungen noch aus. Die Zeichnungen zeigen den visuellen Eindruck.

Fazit:

Der Text zeigt, daß es sich bei NGC 6543 tatsächlich in astrophysikalischer und amateurastronomischer Hinsicht um ein besonderes Objekt handelt, welches sich aufgrund seiner Polnähe auch ganzjährig beobachten läßt. Der Katzenaugennebel ist also für jede Fernrohröffnung ein interessantes Objekt. Ich hoffe, daß dieser Bericht als Anregung zu einer intensiveren Beobachtung dieses Objekts einlädt.

[1] Kerber,F. ; Furlan, E. ; Rauch, T. ; Roth, M. : Planetarische Nebel und das interstellare Medium; Sterne und Weltraum 11/ 00, 946-949

[2] Kreysing H.C. et al. : Extended X ray emission from planetary nebula ; A&A  264,623

[3] Mendez, R.H., Herrero, A. , Manchado, A. : Spectral and radio velocity of 5 northern central stars of planetry nebula; A&A, 229, 152-164

[4] Unsöld A. ; Baschek B. : Der neue Kosmos , Springer Verlag

[5] Moreno, M. A. und Lopez J.A.: Extended filamentary structures in the halo of the Lyra planetary nebula NGC 6720; Astr. & Astrophys.178, 319- 321 (1987)

[6] Hynes, Steven J. : Planetary Nebula; Willmann- Bell Inc.

[7] Balick, B. , Gonzales, G. , Frank, A. : Faint halos and historical mass ejection in Planetary Nebula ; ApJ 392, 582- 596 (1992)

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